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Impressum:
Verein Kulturzentrum Spittelberg 1070 Wien Stiftgasse 8 ZVR: 530064333 Gefördert von : MA13 Info & Koordination: Mo bis Fr 14 bis 20 h 01 523 64 75 amerlinghaus@inode.at facebook: Kultur- & Kommunikationszentrum Amerlinghaus |
Kulturzentrum Spittelberg im Amerlinghaus
Das Kulturzentrum Spittelberg im Amerlinghaus existiert seit 1975. In
diesem Jahr beschloss eine Gruppe von engagierten Menschen, die Idee
eines Stadtteilzentrums am Spittelberg im Amerlinghaus zu realisieren.
Vertreter_innen der Gemeinde Wien zeigten sich damals diesem Konzept
aufgeschlossen, das Haus wurde von der Stadt Wien renoviert und wird
seit 1978 als selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum vom
Verein Kulturzentrum Spittelberg betrieben.
Das „Amerlinghaus“ ist neben anderen, ebenfalls ehemals besetzten und
erkämpften Zentren wie Arena oder dem WUK zu einer wichtigen und
unverzichtbaren Wiener Einrichtung geworden. Inmitten des mittlerweile
gentrifizierten, teuren und zur Konsummeile verkommenen Spittelberg ist
das Amerlinghaus immer noch so etwas wie ein gallisches Dorf als offener
und niederschwelliger Frei- und Möglichkeitsraum für Gruppen und
Initiativen, die wenig oder keine Ressorucen haben und die vielfach
andernorts auch ausgeschlossen oder verdrängt werden
Das Kulturzentrum im Amerlinghaus umfasst unterschiedliche Bereiche und beherbergt Initiatven mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen:
Im Offenen Bereich sind rund 50 bis 70 Initiativen, Gruppen, Kollektive und Einzelpersonen tätig, die sowohl altersmäßig als auch in Bezug auf ihre sozialen Herkünfte unterschiedlich sind und verschiedene Inhalte bearbeiten und Methoden haben - von Kindertheater und selbstorganisierten Senior_innen-Malkursen über politische Organisationsarbeit und Theoriediskussionen, solidarische Rechtsberatungen (z.B. für Bettler_innen) sowie Recht-auf-Stadt-Aktivismus bis hin zu autonomen Deutschkurskollektiven oder Theater der Unterdrückten (und vielem mehr).
Das Aktive Zentrum im Amerlinghaus arbeitet mit älteren Erwachsenen.
Die Kinder.Gruppe.Amerling.Haus. ist eine eigenständig arbeitende Kindergruppe im Zentrum.
Die Vereinigung für Frauenintegration organisiert Deutschkurse für Frauen.
verein exil arbeitet mit fokus auf interkulturellen und roma literatur- und kulturprojekten.
Im Kulturzentrum findet transkulturelle, intergenerationelle und szenenübergreifende Arbeit statt - und das alles unter einem Dach – im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn –, unter dem sich ständig neue Berührungspunkte, gemeinsame Projekte, Kooperationen, Begegnungen und Austausch entfalten. Eindeutig besetzte Bereiche wie „Kultur“, Politik“ und „Soziales“ werden hier in vielfältigen Aktivitäten aufgebrochen und mit weniger ausgrenzenden Bedeutungen gefüllt. Diese Struktur ermöglicht Austausch und Diskussion, baut Berührungsängste ab und bringt neue Impulse, verhindert Vereinzelung und die Abschottung von Szenen und Milieus und wirkt in hohem Maße inklusiv.
Auch wenn das Amerlinghaus auf die Kontinuität einer 40jährigen
Geschichte zurückblickt, ist die Arbeit der Gruppen in ihrer Vielfalt
und Dynamik, ihrer ständig neuen Zusammensetzung immer mit aktuellen
sozialen sowie politischen Problemstellungen befasst und daher Teil
kritischer, linker und brisanter Diskurse und Organisationsbemühungen.
Engagement braucht Raum und eine solidarische Infrastruktur, die diesem
wohlwollend und unterstützend entgegen kommt, niedrigschwellig
zugänglich und administrativ gut koordiniert ist. Räume
gesellschaftlicher Teilhabe und Involvierung sind unverzichtbar, und
gerade angesichts einer zunehmenden bedrohlichen Faschisierung und
Entdemokratisierung sind Orte, an denen kritische Basis/kultur/arbeit
stattfinden kann, nötiger denn je.
Die Frage stellt sich: Was für eine Stadt wollen wir? Welche
Gesellschaft wollen wir? Wir meinen, dass offene, niederschwellige,
kritische und nicht-kommerzielle Zentren wie das Kulturzentrum
unumgänglich nötig sind, als ein Ort, an dem solidarische
gesellschaftliche Gegenentwürfe kollektiv angedacht, gemeinsam probiert
und selbstbestimmt (zumindest im Kleinen) umgesetzt werden können.
Kontakt, Bestellung des monatlichen Newsletters oder
des zweimonatigen Printprogramms über:
->
amerlinghaus@inode.at
Kontakt Infobüro:
Büroöffnungszeiten
werktags Mo. bis Fr. jeweils 14:00 bis 20:00
01 523 64 75
amerlinghaus@inode.at
->
Info- & Koordinationsbereich
Kontakt Aktives Zentrum:
01 523 4009 oder 0676/410 70 15
aktives.zentrum@gmail.com
-> Aktives
Zentrum
.............................
-->> Tätigkeitsberichte
Finanzielle Unterstützung und Spenden an:
Verein Kulturzentrum Spittelberg
Kontonummer 01510-665-534
Bankleitzahl 14 000
IBAN AT551400001510665534
BIC BAWAATWW
Texte zu Aktuellem, Kampagnen & Geschichte unter: -> Materialien & Texte
-> Selbstverständnis,
Aktivitäten und inhaltliche Grenzen
-> Daten & Fakten: Hausstruktur - Personal - Verein - Finanzierung
-> Geschichte & Gegenwart
Selbstverständnis, Aktivitäten und inhaltliche Grenzen
Niederschwelligkeit & Parteilichkeit
Das Kulturzentrum im Amerlinghaus will materielle, soziale, kulturelle
und kommunikative Ressource sein, im Sinne einer umfassenden Inklusion
und Parteilichkeit für Personengruppen, die kaum oder nur sehr
beschränkten Zugang zu politischen, kulturellen, sozialen
Partizipationsmöglichkeiten haben. Im Sinne einer "Politik der
Gerechtigkeit", werden hier Zugänge zu Kultur, Politik und sozialem
Leben jenseits von Marktdiktat und Verwertbarkeit eröffnet. "Auch das,
was "sich nicht rechnet", hat seine Berechtigung und muss öffentlich
gefördert werden." (Regierungsübereinkommen 2010 - Kultur und
Wissenschaft)
Das Kultur- und Kommunkationszentrum Spittelberg im Amerlinghaus ist
ein offener, niederschwelliger Raum, wo
- Vielfalt und Antirassismus gelebt wird
- Heterogenität und Offenheit erwünscht ist
- generationen-, schicht- und kulturenübergreifende Arbeit geleistet
wird
- wo Kultur politisch ist und politische Kultur gepflegt wird
- Kritik und Auseinandersetzung nicht verhindert sondern gefördert
werden
- kritisches Bewusstsein kommuniziert und in die Praxis umgesetzt wird
- wo politische Bildung stattfindet - solidarische gesellschaftliche
Konzepte entwickelt und solidarisches Handeln bestärkt werden
- Möglichkeitsräume und Experimentierfelder eröffnet werden
Aktivitäten und inhaltliche Grenzen
Das Kulturzentrum Spittelberg/Amerlinghaus steht für eine breite Palette
an Aktivitäten,
- selbstermächtigende, selbstorganisierte Projekte von prekarisierten,
marginalisierten, diskriminierten oder unterprivilegierten Gruppen
- antihierarchische Strukturen, antirassistische, antisexistische,
antiheteronormative Zugänge
- im Aufbau befindliche, nicht etablierte Initiativen mit geringen
Mitteln
- Newcomer_innen, experimentelle und abseits des Mainstream
positionierte Zugänge
- kritische künstlerische, politische & soziale Auseinandersetzungen
mit gesellschaftlich relevanten Themen
- Entwicklung alternativer, gesellschaftsemanzipatorischer Konzepte in
unterschiedlichen Bereichen
denen nur dort Grenzen gesetzt werden, wo das Prinzip der
Selbstverwaltung sowie der Selbstermächtigung angegriffen wird.
Neofaschistische, reaktionäre, rassistische und sexistische Gruppen
haben hier nichts verloren - ansonsten steht das Haus allen offen, die
aktiv werden wollen.
In den Diskussionen um den Fortbestand und die Struktur des Kultur- und
Kommunikationszentrum Spittelberg im Amerlinghaus kumulieren eine Reihe
brisanter Diskurse, nicht zuletzt auch um das aktuell vieldiskutierte
Thema "Gentrifizierung" und die Fragestellung "Wem gehört die Stadt?" So
sind aktuell umkämpfte Themen beispielsweise soziale Verdrängung, die
Aneignung und Nutzung öffentlicher Räume, der Zugang zu Wohn- und
Arbeitsraum, die Mitbestimmung bei Restrukturierungsprozessen, die
Ausstattung mit und die Gestaltung von städtischer Infrastruktur sowie
die Ausverhandlung von Möglichkeiten urbaner Teilhabe ("citizenship").
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie, von wem und für wen
Stadt "gemacht" wird innerhalb von Gesellschaften, die durch solche
extremen Disparitäten, Fragmentierungen und Interessenskonflikte geprägt
sind. Einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeit im Kulturzentrum
Spittelberg bildet die politische Auseinandersetzung mit
gesellschaftlichen Entwicklungen und Widersprüchen. Unser Anliegen ist
es, kritische gesellschaftsemanzipatorische Ansätze zu unterstützen, die
höchstens an den Rändern des dominanten Mainstream-Diskurses sichtbar
werden und nicht nach kapitalistischen Verwertungslogiken und
Konsumzwängen zugerichtet werden können und wollen.
Die Stadt gehört allen!
Wir meinen, dass es Teil einer umfassenden politischen Bildungsarbeit ist, offen und kritisch gesellschaftliche Widersprüche zu thematisieren. Gerade auch für junge Menschen muss es möglich sein, sich mit unterschiedlichen Gesellschaftskonzepten auseinandersetzen zu können und nicht von vornherein normativen und tabuisierenden Ideologien ausgeliefert zu sein.
Träger des Kulturzentrums im Amerlinghaus ist der 1978 gegründete
Verein Kulturzentrum Spittelberg (ZVR-Zahl: 530064333). Der Verein wird
durch die Gemeinde Wien / MA 13 gefördert. Seit 2004 gab es keine
Wertanpassung der Subvention. Die Höhe der Subvention belief sich (seit
2004 in gleich bleibender Höhe) auf € 250.000,-. 2013 gab es erstmals
sogar eine Kürzung um 5.000,-. Über 90% der Ausgaben sind Fixausgaben
für Miete, Betriebskosten, Energie- sowie Personalkosten. Die Miete in
Höhe von über 60.000,- Euro pro Jahr (fast ein Viertel der
Gesamtförderung) wird an die gemeindeeigene GESIBA bezahlt.
Die quasi gemeindeeigene GESIBA übernahm sowohl die Sanierungsarbeiten
als auch die Finanzierung, wofür ihr mit dem zu diesem Zweck mit der
Gemeinde abgeschlossenen Baurechtsvertrag das Vermietrecht und die
Hausverwaltung zugestanden wurde. Im Laufe der nächsten Jahre sollte die
GESIBA durch die Übernahme und Renovierung weiterer (über 90) Häuser am
Spittelberg profitieren - Häuser, die eigentlich abgerissen hätten
werden sollen, und nun, da soziale und kulturelle Initiativen das Grätzl
belebt und damit, nicht in direkter Absicht, "aufgewertet" hatten, an
Vermarktungswert gewonnen hatten.
In den Räumlichkeiten des Kulturzentrum Spittelberg sind vier Büros
untergebracht, zwei Veranstaltungsräume, sieben Gruppen- und Kursräume,
für eine Kindergruppe adaptierte Räume sowie Sanitäranlagen. Jeder der
Räume wird bis zu viermal täglich von Vormittags bis Abends die ganze
Woche genutzt. Das Kulturzentrum Spittelberg hat hochgerechnet eine
Besucher_innenfrequenz von um die 40.000 im Jahr.
Das Haus wurde das letzte Mal nach der Besetzung 1975 generalsaniert. Der im Amerlinghaus befindliche Gastronomiebetrieb „Amerlingbeisl“ und das Bezirksmuseum haben mit dem Verein nichts zu tun.
Der Verein hat gegenwärtig nur mehr vier Angestellte. Diese verteilen sich folgendermaßen: drei operative Teilzeitkräfte, sowie eine Vollzeitkraft für die Reinigung. In den Anfangsjahren des Kultur- und Kommunkationszentrum "Amerlinghaus" waren es noch 10 Mitarbeiter_innen, wenn auch nicht alle vollzeitangestellt; 2004 wurde unter großem Druck noch einmal massiv beim Personal eingespart, das seitdem völlig am Limit ist.
Der operative Bereich umfasst:
- das Aktive Zentrum für die Generation 50+, mit eigenen
Gruppenaktivitäten und umfangreichen Kursangeboten, das von einer
Teilzeitkraft betreut wird sowie von einer beträchtlichen Anzahl
freiwilliger Mitarbeiter_innen. (siehe Konzept Aktives Zentrum)
- den Koordinations, Informations- und Projektbereich mit zwei
Teilzeitkräften für Koordination und Betreuung von über 60 Initiativen
und Gruppen, für den Journaldienst im Büro, für alle Anfragen, für die
Erstellung und den Versand des Monatsprogramms, für die Betreuung von
Newsletter und Webauftritt, für Projektabwicklung, Veranstaltungsplanung
und –betreuung, sowie für kleinere Reparaturarbeiten.
Im Kulturzentrum im Amerlinghaus arbeiten regelmäßig über 50 Gruppen und Initiativen. Dazu kommt ein weiter Kreis an punktuellen Nutzer_innen, die die Struktur für Einzelveranstaltungen, Vernetzungs- und Bündnistreffen usw. nutzen. Die Kindergruppe Amerlinghaus, die Vereinigung für Frauenintegration und der verein exil verfügen über eigenständig finanzierte Angestellte und ständige Räume im Haus.
Der Vorstand des Vereins besteht aus 9 stimmberechtigten sowie weiteren
kooptierten Vorstandsmitgliedern. Im Vorstand gibt es aktuell keineN von
der Gemeinde delegierteN VertreterIn mehr. Die Mitgliederversammlung ist
das höchste Gremium. Jede der im Haus tätigen Initiativen kann eineN
VertreterIn in die Mitgliederversammlung entsenden. Seit einigen Jahren
gibt es auch wieder Hausplena.
Neben dem Kulturzentrum ist im Amerlinghaus bereits seit 1978 das
-> Bezirksmuseum Neubau
untergebracht.
Weiters befindet sich im Haus das
->
Amerlingbeisl.
Anfänglich als Bestandteil des Kulturzentrums gedacht, trennte sich das
Beisl unter der Federführung von Andreas Friesz bald als eigenständiger
unternehmerisch geführter Gastronomiebetrieb ab.
Der Verein Kulturzentrum Spittelberg ist Mieter der verbleibenden 523m².
Im Kulturzentrum im Amerlinghaus ist auch die
->
Kindergruppe Amerlinghaus
zu Hause, die autonom mit eigenen Angestellten arbeitet und im
Dachverband der Wiener Kindergruppen organisiert ist.
Weiters sind im Kulturzentrum zwei weitere Vereine mit eigenen Büroräumen ansässig.
Die
->
Vereinigung für Frauenintegration
nützt das gesamte Kulturzentrum für Deutsch- & Basisbildungskurse
für Frauen inklusive Kinderbetreuung.
Der
->
verein exil
betreibt einen eigenen Verlag, die edition exil, und veranstaltet
Kulturpräsentationen mit dem Schwerpunkt auf Minderheiten- &
Migrant_innenliteratur sowie Romakultur.
Die kooperierenden Vereine und Initiativen im Haus arbeiten mit eigenen Angestellten und Mitarbeiter_innen.
Für die Reinigung des gesamten Kulturzentrums Spittelberg (außer der Kindergruppe) ist Frau Milica Tosic zuständig, ohne deren langjähriges, selbstloses, immer perfektionistisches und häufig an Selbstausbeutung grenzendes Engagement der Zustand des Zentrums für den Betrieb unzureichend wäre.
Der Verein Kulturzentrum Spittelberg wird von der
MA 13 - Bildung und außerschulische Jugendbetreuung -
subventioniert.
Weitere Texte zum Thema der Finanzierung unter
-> Materialien & TexteInfos zu Spenden, Crowd Funding und fördernden Mitgliedern unter
-> SpendenDas als „das Amerlinghaus“ bekannte und nach dem Maler
Friedrich von Amerling benannte Kultur- und Kommunikationszentrum war
ursprünglich als selbstverwaltetes Stadtteilzentrum am damals
proletarischen und migrantischen Spittelberg konzipiert.
Im Sommer 1975 wurde das in Gemeindebesitz befindliche, leerstehende und
desolate Haus besetzt. Leute aus der Nachbarschaft, StudentInnen,
KünstlerInnen, SozialarbeiterInnen und Alternativgruppen forderten ein
selbstverwaltetes, gefördertes Kultur- und Kommunikationszentrum von der
Gemeinde Wien. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, besetzten
sie im Sommer 1975 das "Amerlinghaus" in der Stiftgasse. Nach einem
großen Vier-Tage-Fest wurde im Sommer ein "Demonstrationsbetrieb”
aufgenommen. Ziel des Projekts war, zusammen mit Personen aus der
Nachbarschaft, Kindern und Jugendlichen, Erwachsenen und alten Menschen
einen selbstbestimmten und selbstverwalteten Ort der Kommunikation und
der kulturellen Aktivität im Grätzl zu schaffen. Der Bedarf nach neuen,
alternativen und kritischen Konzepten war Mitte der 1970er groß. Einen
Sommer lang lebten Haus und Hof auf. Fast täglich Kulturprogramm,
Kinderbetreuung, Kommunikation zwischen den Generationen, zwischen
Bevölkerung und AktivistInnen und PolitikerInnen sowie ein
hervorragendes Medienecho waren die Folge. Die "weiche" Besetzung des
Amerlinghauses war die erste in Wien und wurde von der Gemeinde im
Gegensatz zu in den nächsten Jahren folgenden weitgehend toleriert. Die
Besetzer_innen des Hauses hatten mit der Gemeinde Wien Verhandlungen
aufgenommen, die in der Renovierung des Amerlinghauses und offiziell am
1. April 1978 in der Übergabe an den sich als Kulturzentrum Spittelberg
konstituierten Verein resultierten. Seit damals wird der Verein
Kulturzentrum Spittelberg durch die MA 13 subventioniert.
(Im Bild: Gertrude Fröhlich-Sandner und Herbert Sburny)
Ein Teil der Vereinbarungen bestand im Verzicht auf Räumlichkeiten im 1. Stock, in denen bis heute das Bezirksmuseum Neubau untergebracht ist. In den Anfangsjahren wurden von der Subvention um die 10 Mitarbeiter_innen beschäftigt. Im Amerlinghaus wurde zu dieser Zeit unter anderem eine der ersten Alternativschulen Wiens gegründet. So breit das Spektrum der sozialen und kulturellen Aktivitäten im Kulturzentrum Spittelberg auch war, zeichnete sich bereits von Anfang an eine Entwicklung ab, die die weitere Geschichte des Zentrums prägte. Die Entscheidung für eine öffentliche Subventionierung brachte die formale Einführung eines rechenschaftspflichtigen Gremiums mit sich, dem damit eine gewisse Machtposition eingeräumt wurde. Zum anderen bedeutete die Anstellung von Personen ein Auseinanderfallen der Aktivist_innen, eine ungleiche Trennung in "Macher_innen" und "Konsument_innen", eine Entwickung, welche auch die anfängliche Abhaltung von Hausplena nicht verhindern konnte. Die als "Mitarbeiter_innen- Selbstverwaltung" im Amerlinghaus bezeichnete Struktur markiert die Etablierung einer bezahlten, für den Betrieb verantwortlichen Gruppe von Personen. Das Kulturzentrum im Amerlinghaus stellte kein sich als basisdemokratisch verstehendes, autonom selbstverwaltetes Modell mehr dar. Das Zentrum hatte die Basis der jungen Sozialen Bewegungen verloren, die sich in anderen Projekten wie der Arena engagierten.
1980 kam es zu einer "Zweiten Besetzung" des
Amerlinghauses im Zusammenhang mit der "Burggartenbewegung", wobei der
Konflikt zwischen autonomen Ansprüchen und den nunmehr als alleinige
Entscheidungsträger_innen fungierenden Mitarbeiter_innen virulent wurde.
War das Amerlinghaus ursprünglich als Kultur- und Kommunikationszentrum
in einem proletarischen und migrantischen Stadtteil gedacht, so hat sich
auch die Umgebung im Laufe der Jahre verändert - eine Entwicklung, die
vom Kulturzentrum sicher nicht intendiert, aber indirekt dennoch mit
vorangetrieben worden ist. Ein Großteil des Spittelbergs wurde renoviert
und nicht, wie anfangs befürchtet, abgerissen. Unter anderem war auch
die GESIBA an einigen Bauprojekten beteiligt. Rasch änderte sich die
Struktur von einem heruntergekommenen Vorstadtviertel zu einem teurer
und schicker werdenden Vorzeigeviertel mit bessergestellter,
alternativ-liberaler Klientel. Der Spittelberg ist ein frühes Beispiel
für Gentrifizierung, wo über den Umweg von sozial-engagierter Arbeit und
Künstler_innen-Initiativen mittlerweile Konsum und Gastronomiebetriebe
vorherrschen und die Mieten für die ursprünglichen Bewohner_innen längst
viel zu teuer sind.
Die Spaltung der Räumlichkeiten im Amerlinghaus in die vom Kulturzentrum
verwalteten und in das von der Amerlingbeisl Gastronomie GmbH betriebene
"Amerlingbeisl" geht ebenfalls auf die Kommerzialisierung des
ursprünglich als Teil des Kulturzentrum konzipierten Beisls bereits Ende
der 70er Jahre zurück.
Von Anfang an war die Arbeit im Kulturzentrum als ganzheitlich und
inklusiv konzipiert. Ein neuer Kulturbegriff wurde hier als ein alle
sozialen Beziehungen umfassender verstanden, Kulturarbeit und Soziale
Arbeit waren dabei nicht zu trennen. Die integrativen Aspekte bezogen
sich auf generationenübergreifende, interkulturelle Arbeit sowie auch
darauf, eindeutig besetzte Bereiche wie “Kultur” oder “Soziales”
aufzubrechen und mit weniger ausgrenzenden Bedeutungen zu füllen. Wurden
in den ersten Jahren noch intensive inhaltliche und politische -
teilweise recht heftige - Auseinandersetzungen über Konzepte und
kritische Ansätze geführt, so wurde das Kulturzentrum zunehmend zu einer
Anlaufstelle und Ressource für unterschiedliche Gruppen, die hier ihre
eigenen Interessen und Inhalte verfolgten. Eine übergreifende,
gemeinsame politische konzeptuelle Diskussion und Entwicklung von
Inhalten verlor zunehmend an Bedeutung. Dennoch bildet das Kulturzentrum
bis heute ein "Treibhaus" für alternative Gesellschaftsentwürfe und
kritische Projekte. Was sich durch viele gesellschaftliche Veränderungen
hindurch nicht geändert hat, ist die Notwendigkeit, gegen Unrecht,
Vorurteile und rassistische Hetze aufzutreten, und unser Wille, dazu
einen Beitrag zu leisten. Das Kulturzentrum im Amerlinghaus ist ein
wichtiger Treffpunkt und eine - oft die einzige - unverzichtbare
Ressource für eine Vielzahl von Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen
geblieben.
Gemessen an den damaligen Ambitionen und Visionen, nicht ein einzelnes
Haus, sondern viele solcher selbstverwalteter Zentren zu etablieren,
zeigt sich, dass es auch gegenwärtig kaum solche Räume gibt, wo
engagierte Initiativen und Personen aus der Pluralität ihrer
unterschiedlichen Perspektiven, Ansätze und Praxen heraus zusammenkommen
und innerhalb einer offenen, wertschätzenden und unterstützenden
Struktur selbstbestimmt arbeiten können – zugunsten einer solidarischen
Kultur der Vielfalt.
Vieles, was gegenwärtig einen teilweise auch schon etablierten Bestandteil des sozio-kulturellen Lebens in Wien bildet, hat seinen Anfang im Kulturzentrum im Amerlinghaus genommen - von der erwähnten Alternativschulbewegung über Anti-AKW Aktivitäten, interkulturelle Lernbetreuung - noch bevor "Integration" zum hegemonial machtpolitisch besetzten Unwort wurde, autonome Frauenprojekte, der Kampf um das WUK und die Gassergasse, selbstbewusste migrantische Jugendprojekte wie ECHO oder kollektive offene Wohnprojekte für Obdachlose wie das Neunerhaus und viele andere mehr. Wahrscheinlich bildete paradoxerweise gerade die "Verbeamtung" der Mitarbeiter_innen als Lohnarbeiter_innen eine Voraussetzung dafür, dass das Kulturzentrum im Amerlinghaus - anders als zu Beginn intendiert, aber immer noch - existiert und ein linkes Zentrum geblieben ist. Mitarbeiter_innen kümmern sich um den Hausalltag und die Koordination, unabhängig von den Aufbrüchen, Wandlungen und manchmal auch Erschöpfungen, die einzelne Initiativen durchlaufen mögen.
Von den anfänglich um die zehn Mitarbeiter_innen ist der Personalstand
mittlerweile auf drei Teilzeitarbeiterinnen im operativen Bereich und
eine Putzarbeiterin reduziert. Das Aktive Zentrum im Amerlinghaus führt
die Schiene der Altenarbeit kontinuierlich fort und setzt wichtige
kritische Impulse auf gesellschaftlicher und individueller Ebene für die
Realisierung neuer, vielfältiger Lebensräume und Visionen. Geleitet von
einer der Mitarbeiterinnen werden altenpolitische Anliegen aufgegriffen
und Praxen der "Generation 50+" entgegen hegemonialen gesellschaftlichen
und ökonomischen Nutzenkalkülen entwickelt.
Einige Projekte und Initiativen, die ursprünglich direkt vom Verein
Kulturzentrum Spittelberg mitgetragen wurden, erhalten mittlerweile
selbst Unterstützungen, die es ihnen ermöglichen, eigene
Mitarbeiter_innen zu zahlen, wie die elternverwaltete Kindergruppe im
Amerlinghaus.
Ein unmittelbar aus der für marginalisierte Gruppen parteiischen und
transkulturellen Arbeit im Kulturzentrum entstandenes Projekt im
Amerlinghaus ist der mittlerweile selbstständige verein exil. Seit 1988
arbeitet exil als Kulturzentrum mit Schwerpunkt Literatur und
Kulturpräsentationen der sogenannten “Minderheiten” und speziell der
Roma in Österreich. In zahlreichen - auch internationalen -
Veranstaltungsreihen mit Buchpräsentationen, Lesungen, Ausstellungen,
Vorträgen, Kompositions-, und Theaterprojekten sowie
Antirassismus-Workshops für Schulklassen entwickelt, fördert und
präsentiert zentrum exil Arbeiten von zugewanderten Künstler_innen und
Angehörigen ethnischer Minderheiten.
Ein weiteres im Kulturzentrum Spittelberg etabliertes, selbstgeführtes
und -finanziertes Projekt ist die Vereinigung für Frauenintegration,
gegründet 1997 im Bewusstsein, dass es vor allem für sozial
benachteiligte Migrantinnen und deren Kinder zu wenig leicht zugängliche
Bildungs- und Beratungsangebote gibt. In diesem Sinne bietet die
Vereinigung für Frauenintegration professionelle Sprach- und
Computerkurse sowie Vorbereitungsangebote für die "Integrationsprüfung"
mit Kinderbetreuung für sozial benachteiligte Frauen aus
unterschiedlichen Kultur- und Sprachkreisen an.
In den mittlerweile 35 Jahren der Arbeit des Kulturzentrum Spittelbergs
hat sich zweifellos im Kontext historischen gesellschaftlichen Wandels
vieles geändert, Mitarbeiter_innen und mit ihnen Schwerpunktsetzungen
haben gewechselt, einige aus der "Gründer_innengeneration" sind bereits
in Pension, junge Personen mit anderen politischen Konzepten bringen
neue Konzepte in das Kulturzentrum.
Und das Kulturzentrum im Amerlinghaus ist bis heute ein linkes,
kritisches Zentrum geblieben, das immer noch Ausgangs- und Knotenpunkt
für vielfältige interessante Diskussionen und emanzipatorische Praxen
ist.
Wie wichtig und unverzichtbar Projekte wie das Kulturzentrum im
Amerlinghaus gegenwärtig sind, zeigt sich daran, dass das Haus voller
Menschen ist, die die oft andernorts hohe Zugangsschwellen allein
hinsichtlich Raummieten und Konsumzwang nicht passieren können.
Dieselben Personengruppen sind es auch, die zusätzlich mit massiven
immateriellen Hürden konfrontiert sind. Immer größere Teile der
Gesellschaft werden von Partizipationsmöglichkeiten weitgehend
ausgeschlossen und damit noch weiter an den gesellschaftlichen Rand und
in die Unsichtbarkeit gedrängt, ausgegrenzt oder mundtot gemacht werden.
Das Kulturzentrum Spittelberg im Amerlinghaus bildet einen der letzten
Orte in Wien, an dem vielfältige kritische und solidarische
Basiskulturarbeit stattfinden kann, ohne direkt einer Verwertungslogik
unterworfen zu sein. In einem gesamtgesellschaftlichen Kontext, der
geprägt ist von Einsparungen und Kürzungen im sozialen und kulturellen
Bereich, von steigender Armutsgefährdung, zunehmenden Ausgrenzungen und
steigender Repression gegenüber alternativen Gesellschaftsentwürfen, hat
der Weiterbestand des Zentrums eine gesamtgesellschaftlich relevante
Bedeutung.
Dass im Zuge einer zunehmend wirtschaftsliberalen Politik kritischen
sozialen Projekten eine politisch gewollte Ressourcenaustrocknung droht,
ist gesellschaftspolitisch gefährlich. Das Kulturzentrum Spittelberg mag
kein autonomes Projekt sein, in Struktur und Inhalten gibt es
Widersprüche und Lücken. Dennoch oder gerade deshalb meinen wir, dass
das Kulturzentrum Spittelberg auch Bedeutung als Bindeglied zwischen
Szenen hat, zwischen sozialen Bewegungen und Organisationen, zwischen
linken Gruppen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, und dass das
mittlerweile eine seiner Stärken darstellt, die Austausch und Diskussion
ermöglicht, Berührungsängste abbaut und immer wieder neue Impulse
bringen kann.
In welche Richtung sich das Zentrum weiterentwickelt, ist unsicher, auch, ob es in seiner jetzigen Form überhaupt noch Bestand haben kann, allein wegen der finanziellen Schwierigkeiten. Tendenziell meinen wir, dass das Zentrum im Amerlinghaus, das über 30 Jahre der Zuführung einer Verwertung im wirtschaftsliberalem Sinn und der Kommerzialisierung, von der es umgeben ist, widerstanden hat, nicht nur wegen seiner Geschichte, sondern auch wegen seiner gegenwärtigen Position als eines der letzten offenen, niederschwelligen und kritischen Zentren in Wien Teil der emanzipatorischen Kultur bleiben wird.
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