Struktur & Fakten

Träger des Kulturzentrums im Amerlinghaus ist der 1978 gegründete Verein Kulturzentrum Spittelberg (ZVR-Zahl: 530064333). Der Verein wird durch die Gemeinde Wien / MA 13 gefördert.

Wussten Sie…

  • dass das Kulturzentrum im Amerlinghaus Ergebnis einer erfolgreichen Besetzung des Hauses im Jahr 1975 ist?
  • dass am Spittelberg noch in den 1980ern vor allem arme und migrantische Menschen wohnten?
  • dass der Spittelberg mittlerweile durch steigende Mieten seine Bevölkerungsstruktur völlig verändert hat?
  • dass rund 70 Gruppen und Initiativen im Kulturzentum tätig sind?
  • dass das Amerlingbeisl mit dem Kulturzentrum im Amerlinghaus nichts zu tun hat, außer dass beide – wie auch das Bezirksmuseum Neubau – im Amerlinghaus eingemietet sind, und dass daher solidarisches Konsumieren im Amerlingbeisl nicht dem Kulturzentrum zugute kommt?

 

1975 entstand über eine (weiche) Besetzung das damals vom Abriss bedrohten Amerlinghaus das Kultur- und Kommunikationszentrum am Spittelberg.

Damals beschloss eine Gruppe von engagierten Menschen, die Idee eines Stadtteilzentrums am Spittelberg im Amerlinghaus zu realisieren. Vertreter_innen der Gemeinde Wien zeigten sich für dieses Konzept aufgeschlossen, das Haus wurde von der Gesiba im Auftrag der Stadt Wien renoviert und wird seit 1978 als selbstverwaltetes Kultur- und Kommunikationszentrum vom Verein Kulturzentrum Spittelberg betrieben.

Bis heute ist das Kulturzentrum im Amerlinghaus ein wichtiger Freiraum, Treffpunkt, Veranstaltungsort für viele unterschiedliche selbstorganisierte Gruppen und Initiativen, für soziale Initiativen, außerschulische Bildung und für basis- und gegenkulturelle Projekte.

Seit 2004 gab es keine Wertanpassung der Subvention. Die Miete, die ca. ein Viertel der Subvention ausmacht, wird an die Gesiba bezahlt, die seit der Renovierung den Baurechtsvertrag für das Haus hat.

Als generationen-, kulturen- und szenenübergreifendes Projekt zeichnet sich das Zentrum durch die Heterogenität seiner Nutzer_innen aus: Hier treffen einander Menschen aller Altersgruppen, Migrant_innen, Künster_innen, politisch Aktive ebenso wie Obdach- und Erwerbsarbeitslose. Gemeinsam ist ihnen der Anspruch, ihr „Schicksal“ in die eigenen Hände zu nehmen.

Aktuell arbeiten im Kulturzentrum im Amerlinghaus auf 523 m² Quadratmetern rund 70 verschiedene Gruppen und Initiativen sowie eine Vielzahl von Initiativen, die das Zentrum darüber hinaus punktuell für Einzelveranstaltungen, Vernetzungs- und Bündnistreffen usw. nutzen. Die breite Palette reicht dabei von einem vielfältigen Deutsch-Kurs-Angebot über Sozial- und Rechtsberatungen bis zu Roma-Kulturveranstaltungen, Antirassismusworkshops, politische Jugendbildungsarbeit und vieles mehr.

Der generationenübergreifende Ansatz ist dabei ein zentrales Anliegen des Kulturzentrums, unser Angebot reicht von der Kindergruppe bis zum Aktiven Zentrum für Senior_innen.

Die vielfältigen Angebote des Zentrums werden jährlich von rund 40.000 Menschen genutzt. Das Zentrum hat eine enorm hohe Frequenz und ist am Limit der Auslastungsgrenze.

Die Grundkonzeption des Vereins ist, solidarische Infrastruktur und räumliche Ressource zu sein für Initiativen, die keine kommerziellen Möglichkeiten haben bzw. den Aufwand hierfür auch nicht aufbringen können, für Newcomer_innen und Gruppen, die im Aufbau begriffen sind oder die aus unterschiedlichen Gründen sich keinen Zugang zu Ressourcen erschließen können, sowie autonomen Kollektiven und Zusammenhängen, die bewusst unabhängig von Fördergeber_innen bleiben wollen.

In den Räumlichkeiten des Kulturzentrum Spittelberg sind vier Büros untergebracht, zwei Veranstaltungsräume, sieben Gruppen- und Kursräume, für eine Kindergruppe adaptierte Räume sowie Sanitäranlagen. Jeder der Räume wird bis zu viermal täglich von in der Früh bis am Abend die ganze Woche genutzt.

Die Kindergruppe Amerlinghaus, die Vereinigung für Frauenintegration und der verein exil verfügen über eigenständig finanzierte Angestellte und ständige Räume im Haus.

Neben dem Kulturzentrum ist im Amerlinghaus bereits seit 1978 das Bezirksmuseum Neubau  untergebracht.

Weiters befindet sich im Haus das  Amerlingbeisl.
Anfänglich als Bestandteil des Kulturzentrums gedacht, trennte sich das Beisl unter der Federführung von Andreas Friesz bald als eigenständiger unternehmerisch geführter Gastronomiebetrieb ab.

Der Verein Kulturzentrum Spittelberg ist Mieter der verbleibenden 523m².

Der Verein Kulturzentrum Spittelberg wird von der MA 13 – Bildung und außerschulische Jugendbetreuung subventioniert.

Der Vorstand des Vereins besteht aus 13 stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern. Im Vorstand gibt es seit 2009 keine_n von der Gemeinde delegierte_n Vertreter_in mehr.

Die Mitgliederversammlung ist das höchste Gremium. Jede der im Haus tätigen Initiativen kann eine_n Vertreter_in in die Mitgliederversammlung entsenden.

Raum ist mehr als ein paar Quadratmeter Raum.

Engagement braucht Räume, die diesem wohlwollend und unterstützend entgegen kommen, die offen und niederschwellig zugänglich und gut koordiniert sind.
Der gesamte Betrieb des Kulturzentrums wird neben einer Vielzahl von ehrenamtlich Tätigen von einem kleinen Team getragen. Der Verein hat in den vergangenen Jahren wiederholt Personalkürzungen hinnehmen müssen und ist personell am absoluten Limit.

Das Kulturzentrum ist existentiell auf die Solidarbeiträge der Nutzer_innen des Zentrums angewiesen und muss sich aufgrund der prekären finanziellen Situation verstärkt um Eigenmittel bemühen, allerdings ohne dabei die prekäre Situation der Nutzer_innen des Zentrums sowie seinen Arbeitsauftrag aus den Augen zu verlieren.

Der wesentlichste Teil der Eigenmittel wird durch Sach- und Eigenleistungen erbracht:

  • Soziale & beratende Aufgaben (Lehrtätigkeit, juristische Beratung, sozialarbeiterische Tätigkeiten, psychosoziale Beratung, Coaching, Trainer_innenleistungen, u.ä.)
    ca. 120.000,- Euro (absolute unterste Bewertungsgrenze)
  • Bildnerische & kreative Aufgaben: ca. 60.000,- Euro
  • Instandhaltungsarbeiten, Reparaturarbeiten seitens der Initiativen: ca. 20.000,- Euro

Das Kulturzentrum Spittelberg hat in den letzten Jahren die Ausgaben bereits auf das Notwendigste heruntergeschraubt. Die Subvention wurde seit 2004 nicht mehr valorisiert. Der Spardruck ist enorm.

Die Wertminderung der Subvention, die eine ausbleibende Valorisierung seit 2004 mit sich bringt, beträgt im Vergleich zu 2004 bereits rund 90.000 Euro. (Quelle: Inflationsrechner).

Eine einmalige Sondersubvention im Jahr 2012 deckte ausschließlich die fehlende Valorisierung sowie wenige allerdringendste Reparaturmaßnahmen ab. Das Kulturzentrum Spittelberg steht in keinem finanziellen oder sonstigem Verhältnis zum Amerlingbeisl, das ebenfalls im Haus angesiedelt ist. Gewinne des Amerlingbeisl, etwa aus dem Lokalbetrieb oder dem regelmäßigen Punschverkauf im Hof im November und Dezember, gehen ausschließlich an den privaten Betreiber des Lokals.

 

Miete

Das Amerlinghaus gehört der Gemeinde Wien. Die Miete, mittlerweile ein Viertel der Subvention, wird an die GESIBA gezahlt, die das Haus verwaltet.

Die „gemeindenahe“ GESIBA übernahm 1975 die Generalsanierung des Hauses, wofür ihr mit dem zu diesem Zweck mit der Gemeinde abgeschlossenen Baurechtsvertrag das Vermietrecht und die Hausverwaltung zugestanden wurde.

Das Amerlinghaus während der Renovierung

Im Laufe der nächsten Jahre sollte die GESIBA durch die Übernahme und Renovierung weiterer (über 90) Häuser am Spittelberg profitieren – Häuser, die eigentlich abgerissen hätten werden sollen, und nun, da soziale und kulturelle Initiativen das Grätzl belebt und damit, nicht in direkter Absicht, „aufgewertet“ hatten, an Vermarktungswert gewonnen hatten. 2012 wurde eine Mietsenkung in Höhe von 10.000,- pro Jahr in Aussicht gestellt. Die Senkung wurde bis dato noch nicht voll umgesetzt, ebenso wenig wie eine vereinbarungsgemäße und der tatsächlichen Nutzung entsprechenden Aufteilung der Betriebskosten zwischen dem Gastronomiebetrieb Amerlingbeisl und dem gemeinnützigen Verein Kulturzentrum Spittelberg. Dazu gibt es laufende Verhandlungen. Dennoch wurde 2014 und 2015 die Miete von der zuständigen MA 13 leider ohne Mietsenkung direkt an die Gesiba überwiesen. Diese Summe fehlt dem Kulturzentrum. Die Instandhaltungsreserven der Gesiba für das Haus betragen aktuell über 200.000,- Euro, die für dringende Sanierungsmaßnahmen benötigt würden. Das Haus wurde das letzte Mal nach der Besetzung 1975 generalsaniert.

Die Förderung durch die MA13 deckt trotz massiver Einsparungen mittlerweile kaum noch die Fixkosten für das Mindestmaß an Personal, für Miete, Betriebs- und Energiekosten, aber kein Blatt Papier, keine Aussendung für Veranstaltungen, kein Telefon und Internet, keine Reparaturen, keine Kosten für den Erhalt der Basisausstattung für ein Kultur- und Kommunikationszentrum wie das Amerlinghaus (Sessel, Beleuchtung, technische Grundausstattung etc.).

Dass das Zentrum immer wieder Zielscheibe rechtspopulistischer und kulturkonservativistischer Propaganda ist, verwundert nicht. Dass im Zuge einer zunehmend wirtschaftsliberalen Politik kritischen sozialen Projekten eine politisch gewollte Ressourcenaustrocknung droht, ist gesellschaftspolitisch gefährlich.

Das Kulturzentrum Spittelberg | Amerlinghaus mag kein radikal-autonomes Projekt sein, in Struktur und Inhalten gibt es Widersprüche und Lücken. Dennoch oder gerade hat das Kulturzentrum Spittelberg auch Bedeutung als Bindeglied zwischen Szenen hat, zwischen sozialen Bewegungen und Organisationen, zwischen linken Gruppierungen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, und das mittlerweile eine seiner Stärken darstellt, die Austausch und Diskussion ermöglicht, Berührungsängste abbaut und Impulse bringen kann.

In welche Richtung sich das Zentrum weiterentwickelt, ist unsicher, auch, ob es in seiner jetzigen Form überhaupt noch Bestand haben kann. Die finanzielle Situation des Zentrums ist prekär.

Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass das Kulturzentrum im Amerlinghaus, das über 40 Jahre der Zuführung einer Verwertung in wirtschaftsliberalem Sinne und Kommerzialisierung, von der es umgeben ist, widerstanden hat, nicht nur wegen seiner Geschichte sondern auch wegen seiner gegenwärtigen Position als eines der letzten offenen, niederschwelligen und kritischen Zentren in Wien Teil der emanzipatorischen Kultur bleiben wird.